Beschreibung von 1863

Quelle: „Historisch-statistisch-topographische Beschreibung des Weissensee'r Kreises“, 1863
Verfasser: F. B. Freiherr v. Hagke

Titelblatt Beschreibung des Kreises Weißensee Hagke 1863Lupe

Titelblatt Beschreibung des Kreises Weißensee
F. B. Freiherr v. Hagke, 1863

Ältere urkundliche Nachrichten über Rohrborn waren nicht beibringlich und nur das Pfarrarchiv und eine von mehreren Ortseinwohnern geführte, gegenwärtig im Besitze des Einwohners Knörig befindliche Chronik gewährt einigen Anhalt für die Geschichte dieses Ortes.

Rohrborn soll von einem Grafen von Beichlingen gegründet, später durch Kauf an das Rittergut Wenigensömmern gelangt und dann an das ehemalige Amtsgut in Sömmerda übergegangen sein.

Die Kirche ist sehr alt und war schon im Jahre 1763 so baufällig, daß sie damals einer Reparatur unterworfen werden mußte. Vom Jahre 1768 bis 1772 war Christian Gotthilf Salzmann, der Stifter von Schnepfenthal, Pfarrer zu Rohrborn. In den Jahren 1719 und 1799 waren daselbst 2 große Brände, und vom Jahre 1800 bis jetzt hat es 8 mal im Orte gebrannt. 1834 schlug der Blitz im Kirchthurm ein, riß den Hammer von der Glocke hinweg und beschädigte die Mauer und den Glockenstuhl.

In den Kriegszeiten hat Rohrborn viel gelitten. Während des 30jährigen Krieges ist der Ort zum größten Theil zerstört worden, die Einwohnerzahl sank bis auf 12 herab, und da der Ort nicht mehr im Stande war, einen eigenen Pfarrer zu halten, so wurde derselbe nach Schallenburg eingepfarrt und erhielt erst im Jahre 1656 wieder einen eigenen Prediger in der Person des Pastors Heinrich Stichling.

Am 16. October 1806 wurde der Ort durch die Franzosen und Baiern vollständig ausgeplündert; Geld, Wäsche, Vieh, Getreide, Lebensmittel wurden weggenommen und es erfolgte eine vollständige Flucht der Einwohner aus dem Orte.

In der Zeit von 1807–1813, während welcher Rohrborn unter französischer Herrschaft stand, sind die Einwohner mit Einquartierungen, Vorspann und Contributionen arg geplagt worden und es rühren aus dieser Zeit der Bedrängnis die beträchtlichen Gemeindeschulden des Ortes her.

Am 17. Juni 1722 und am 3. September 1728 wurde der Ort durch heftige Gewitter und Wasserfluthen heimgesucht, die viele Gebäude niederrissen, und im Mai 1793 wurde die Erndte durch Hagelschlag, der die ganze Flur betraf, fast vollständig vernichtet.

Der Winter von 1736 zu 1737 war sehr streng, die Kälte hielt bis April an und war so heftig, daß viele Menschen erfroren, und viel Vieh kam durch Mangel an Futter um. Der Theurung dieses Jahres war die Theurung ähnlich, welche in den Jahren 1805 und 1806 eintrat. Im Jahre 1805 kostete das Malter Weitzen 104 Thlr., Roggen 95 Thlr., Gerste 46 Thlr., Hafer 32 Thlr., und im Jahre 1816/17 wurde das Malter Weitzen mit 110 Thlr., Roggen mit 90–96 Thlr., Gerste mit 70–72 Thlr. und Hafer mit 25 Thlr. bezahlt. Im wohlfeilen Jahre 1826 kostete das Malter Weitzen und Roggen 6–7 Thlr., Gerste 5–6 Thlr. und Hafer 4–5 Thlr. — sic tempora mutantur!

Im Jahre 1795 wurde das Amtsgut in Sömmerda zerschlagen und die demselben in der Flur von Rohrborn gehörigen 61 9⁄16 Acker an dasige Einwohner verkauft.

1854 wurden Kirche, Pfarre und Schule, welche bis dahin unter dem Patronate des Magistrats in Erfurt gestanden, Königlichen Patronats, und es wurde gleichzeitig der Pfarrstelle eine Einkommensverbesserung von 208 Thlr. zu Theil. Vom Jahre 1630 ab bis jetzt haben 26 Pastoren und von 1640 ab bis jetzt 20 Lehrer in der Gemeinde gewirkt.

Rohrborn stand, wie Sömmerda und Schallenburg, einst unter churmainzischer Herrschaft und ging im Jahre 1812 mit dem Erfurter Gebiet an die Krone Preußen über.

Nach der neuesten statistischen Tabelle sind in Rohrborn vorhanden: 241 Einwohner, 112 männlichen und 129 weiblichen Geschlechts, wovon 238 Personen der evangelischen, 1 Person der katholischen Confession und 2 Personen der freien Gemeinde angehören.

Dem Alter nach zerfällt die Bevölkerung in 162 Personen über und 79 Personen unter 16 Jahre.

Am Gebäuden befinden sich in Rohrborn: 1 für den Gottesdienst, 1 für den Unterricht, 4 für die Ortspolizei und Gemeinde-Verwaltung, 48 Privatwohnhäuser, 1 Fabrikgebäude, 105 Ställe, Scheunen und Schuppen.

Nach der Kirchen- und Schultabelle befinden sich in Rohrborn: 1 ordinierter Prediger der evangelischen Confession, 1 Lehrer, 42 Schulkinder und zwar: 21 Knaben und 21 Mädchen, welche sämmtlich der evangelischen Kirche angehören.

Die Tabelle der Sanitäts-Anstalten enthält bei Rohrborn nur 1 Hebamme.

Die Tabelle der Fabriken weist bei Rohrborn nur nach 1 Webstuhl in Leinwand als Nebenbeschäftigung.

Nach der Tabelle der Handels- und Transportgewerbe, der Gast- und Schankwirthschaften befindet sich in Rohrborn nur 1 Schankwirthschaft.

Die Tabelle der Handwerker und der vorherrschend für den örtlichen Bedart beschäftigten Gewerbetreibenden ergiebt bei Rohrborn: 1 Bäckermeister, 1 Steinhauermeister, 1 Hufschmied, 1 Schuhmachermeister.

Die Feldmark von Rohrborn enthält: 1360 Morgen, darunter 1329 Morgen Ackerland, 24 Morgen Wiesen und 7 Morgen Gärten und Obstplantagen.

Der Viehstand besteht aus 25 Stück Pferden, 142 Stück Rindvieh, 85 Stück Schafen, 72 Stück Schweinen über 6 Monate alt, 30 Stück Ferkeln unter 6 Monate alt, 21 Stück Ziegenböcken, 59 Stück Ziegen.


zurück zur Übersicht Geschichte
zurück zur Startseite